Vertrauen

Kirchbacher Berichte Sommer 2023 - "Vertrauen" 

Mancher Mensch tut sich schwer, in eine neue Umgebung, in neue Lebensumstände zu gehen; Vertrautes muss zurück gelassen werden. Angst, Sorgen und Fragen begleiten diesen Menschen in der Veränderung. Wenn ein alter Mensch ins Pflegeheim einzieht, fragt er sich: Was erwartet mich? Wer ist noch dort? Bin ich dann noch frei? Die Pflegenden erleben oft Ablehnungen, Angst oder Scheu und sind manchmal auch Aggressionen ausgeliefert. Bei der Arbeit mit dementen Bewohnern ist dieses Gefühl des Ausgeliefertseins noch schlimmer, weil das Verstehen fehlt.

Betagte Menschen wollen wahr- und angenommen werden. Es ist wichtig, mit ihnen Schmerz und Freude zu teilen. Wenn unangenehme Gefühle geäußert werden, ist es gut, da zu bleiben und diesem Menschen mit Wertschätzung und Geduld zu begegnen. So wachsen langsam Vertrauen, gegenseitiges Verständnis und Zuwendung wird angenommen. (vgl. Psalm 31,8ff „… denn du hast mein Elend angesehen, du bist mit meiner Not vertraut. Du … hast meinen Füßen freien Raum geschenkt.“). Für Pflegende ist es wichtig, die Wünsche, die Bedürfnisse und vor allem die Vergangenheit, der ihnen anvertrauten Person zu kennen.

Vertrauen entsteht nicht unmittelbar und bei jedem Menschen gleich schnell. Empathie, unzählige Gespräche, viel Geduld, Zuwendung und das Gefühl des Gebrauchtwerdens sind wichtige Voraussetzungen, um Vertrauen aufzubauen. Hilfsbedürftige Bewohner brauchen Sicherheit, einen geschützten Rahmen, in dem sie sich frei bewegen können, kommen und gehen dürfen, wenn sie wollen und die Möglichkeit, ihre Tagesstruktur frei zu gestalten und zu leben.

Vertrauen spüren die Pflegenden, wenn ein Bewohner bei Besuchen daheim bei seiner Familie sagt, er möchte nach Hause – und das Pflegeheim meint. Wenn in einem Gespräch ganz persönliche Dinge erzählt werden, schwinden Ablehnung und Aggression. Dass sich Bewohner wohlfühlen, zeigt sich dadurch, dass sie Hilfe und Unterstützung gut annehmen können, sich vielleicht sogar berühren lassen und der Pflegeperson ein herzliches Danke oder ein Lächeln schenken. Das ist auch der schönste Lohn für Menschen in Pflegeberufen.

Barbara Derler

Pflegedienstleitung